Die Kursgewinne des US-Dollar (USD) sind wegweisend. Plötzlich ist der Euro riskant. Er gibt die Marke 1,10 auf und zieht sich auf 1,05 USD zurück. Ist das der Beginn einer längeren Talfahrt? Oder hat sich der Dollar übernommen?
"Die unerwartet hohe Inflation in der weltgrößten Volkswirtschaft (USA) verstärkte Spekulationen über dort weiter steigende Zinsen", meldet die Deutsche Presse-Agentur. "Das gab dem Dollar Auftrieb und brachte zugleich den Euro unter Druck", meinen die Journalisten.
Was passiert ist:
- Mit einem fulminanten Anstieg von 0,95 auf 1,10 USD (+16%) zwischen Ende September 2022 und Anfang Februar 2023 meldet sich der Euro nach einem bis dahin verkorksten Jahr zurück.
- Am 2. Februar 2023 kommt es zu einer plötzlichen Trendwende. Devisenmarktakteure gehen zurück in den Dollar.
- Der Dollarkurs bleibt am Ball und drückt den Euro in den nächsten drei Tagen auf 1,07 runter.
- Es folgt eine mehrwöchige Seitwärtsbewegung ohne nennenswerte Kursausschläge.
- In der dritten Februarwoche setzt sich die Fluchtbewegung in Dollar fort: Der Euro fällt bis Monatsende auf 1,05 USD.
Pro und Contra
Von der Dollarstärke darf man sich nicht in die Irre führen lassen. In Phasen hoher Nervosität könne die US-Währung aufwerten, erklärt die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Genau eine solche Phase liegt aktuell vor.
Weil die Inflation in den USA nicht so schnell runterkommt wie erwartet, wird die US-Notenbank (Fed) die Leitzinsen noch stärker anheben. Dadurch sinkt die Risikobereitschaft an den Finanzmärkten. In diesem Umfeld fühlt sich der Euro nicht sonderlich wohl.
Wenn sich die Konjunkturperspektiven im weiteren Jahresverlauf verbessern, womit die meisten Ökonomen rechnen, wäre der Euro wieder gefragt. Laut Helaba liegt eine Überbewertung des Dollar vor, weshalb sich dieser 2023 in "dünner Höhenfluft" sei.
So weit ist es aber noch nicht. Die Abwärtsdynamik, in die der Euro-Dollar-Kurs jetzt eingetreten, kann noch einige Wochen andauern. Schließlich werden die großen Leitzinsschritte der Europäischen Zentralbank (EZB) ihren Widerhall am Devisenmarkt finden. Das könnte den Euro dann bis Mitte 2023 erneut auf 1,10 USD steigen lassen.
Fazit:
Es wäre eine Kardinalsünde bei den EZB-Leitzinserhöhungen zu früh nachzulassen, warnt Joachim Nagel. Der Bundesbankchef hat gut Chancen sich mit dieser Postion im EZB-Rat durchzusetzen.
Selbst der in den letzten Jahren stets für eine extrem laxe Geldpolitik werbende italienische Notenbankchef blockiert nicht länger. Man werde die Zinsen so weit anheben, wie das zum Erreichen ihres Inflationsziels von 2 Prozent nötig sei, sagt Ignazio Visco im Gespräch mit Bloomberg TV.
Mit Blick auf die weitere Entwicklung des aktuell bei 1,05 liegenden Euro-Dollar-Kurses gilt es hervorheben: Ein Anstieg auf 1,10 und höher ist deutlich wahrscheinlicher als ein Rückfall auf 1,00 (Parität) und tiefer.