Der Stahlpreis hat sich in den letzten Monaten auf hohem Niveau stabilisiert. Hauptgrund sind die massiv gestiegenen Energiekosten. Dadurch bleiben vor allem die vorrangig im Elektrostahlverfahren hergestellten Stahlsorten teuer. Beispiel: Der Betonstahlpreis liegt aktuell in Nordeuropa bei 830 Euro. Der Abschlag im Vergleich zur Jahresmitte, als die Stahlpreisentwicklung für Betonstahl ein Rekordhoch bei 920 Euro erreicht, ist moderat. Der Weg zurück auf ein Preisniveau von Ende 2021 bei 540 Euro, wohlgemerkt inklusive Durchmesseraufpreis, ist verbarrikadiert.
Flacherzeugnissen werden in Europa vorrangig über die mit Kohle befeuerte Hochofenroute produziert. Die Kohlepreise sind seit Ende September 2021 um 20 Prozent gefallen. Der Preis für Eisenerz mit einem Gehalt von 62 Prozent hat sich seit Jahresmitte sogar mehr als halbiert. Aufgrund der längerfristigen Lieferverträge mit den Rohstoffhändlern und Bergbauunternehmen führen diese Rückgänge allerdings erst 2022 zu niedrigeren Einkaufskosten für die Stahlhersteller.
Der Stahlpreis für warmgewalzten Stahl liegt aktuell in Deutschland bei 990 Euro je Tonne frei Werk Ruhr. Der Abschlag gegenüber dem Rekordhoch vom Sommer bei 1.190 Euro fällt mit 16 Prozent höher aus als bei Betonstahl (-10%). Allerdings gibt es auch für die Warmband-Stahlpreisentwicklung kein durchkommen auf das Niveau von vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie bei 450 Euro.
Die Frachtkosten zu Land, zu Wasser und in der Luft haben mit dem Anfang 2021 einsetzenden, rapiden Wirtschaftsaufschwung deutlich zugelegt. Das freut Unternehmen wie die Fluggesellschaft Lufthansa, die dank ihres brummenden und margenstarken Cargo-Geschäftes empfangene Staatshilfen vorzeitig zurückzahlen konnte.
Für alle anderen Unternehmen, die nicht in der Logistikbranche tätig sind, gilt jedoch: "Den letzten beißen die Hunde." Die Preissteigerungen werden von den Herstellern über den Stahlhandel und die Stahlverarbeiter bis zu den Endabnehmern durchgereicht.
Stahlpreis Ausblick 2022
Bei denen auf dem Bau benötigten Stahlprodukten wie Walzdraht und Betonstahl bleibt die Nachfrage auch 2022 hoch. In Europa wird kräftig gebaut. Direkte- und indirekte staatliche Konjunkturhilfen für das Baugewerbe sind längst nicht erschöpft. Dieses Geschäft wollen die heimischen Stahlhersteller natürlich nicht ausländischen Stahlimporteuren überlassen. In Deutschland wurde die Rohstahlproduktion auch im Oktober 2021 erhöht.
Beim Flachstahl dreht sich alles um die Automobilindustrie. Überwindet sie den Chipmangel, womit die meisten Experten spätestens bis Sommer 2022 rechnen, wird auch hier die Stahlnachfrage kräftig ansteigen. Der Warmbandpreis hätte dann Platz erneut auf 1.200 Euro je Tonne oder sogar noch höher zu steigen. Noch stehen die Bänder der Autohersteller aber zeitweise still. Konzerne wie Thyssenkrupp und Salzgitter merken das schmerzlich.
Hilfe kommt aus der Politik: Der Stahlstreit zwischen der EU und den USA wurde beigelegt. Dadurch entfallen die Strafzölle von 25 Prozent für Stahlexporte in die USA. Die deutschen- und niederländischen Stahlhersteller werden laut Experten am meisten profitieren. Sie können mit Stahlexporten in die USA die Zeit überbrücken, bis die Autohersteller wieder voll produzieren. Das hat für sie einen schönen Nebeneffekt: Eine Angebotsschwemme wegen von den Autoherstellern nicht abgerufenen Stahlmengen bleibt aus und die Stahlpreise hoch.
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