Stahlpreise und Stahlmarkt im April 2023

28. März 2023

Stahl ist begehrt. Am stärksten ist die Nachfrage für Flacherzeugnisse. Der Stahlpreis je Tonne für Warmband hat es nicht mehr weit zur 900-Euro-Schwelle. Bei Langstählen verdichten sich die Anzeichen eines neuen Aufwärtstrends hin zu steigenen Preisen.

Infolge der konjunkturellen Stabilisierung Ende 2022 kam es zu einem steilen Anstieg der Stahlpreisentwicklung. Von 605 Euro je Tonne kletterte der Warmbandpreis bis Ende März 2023 auf 850 Euro (+40%). Stahlverarbeitende Unternehmen, die auf den Werkstoff angewiesen sind, um ihre Aufträge abzuarbeiten, waren in Sorge deutlich mehr bezahlen zu müssen. Diese Unternehmen haben laut Stahlhändlern zu Jahresbeginn dann stärker ihrer Vorräte aufgestockt als erwartet und mit diesen Käufen den Anstieg der Stahlpreise beschleunigt.

"Das verfügbare Angebot bleibt etwas niedriger als die Nachfrage", erfährt Platts von einem Stahl-Service-Center. "Sollten die Stahlhersteller weiterhin diszipliniert ihre Erzeugung planen, werden sie die (hohen) Preise verteidigen."

Diagramm Stahlpreisentwicklung Hot-Rolled Coil

Hersteller könnten im zweiten Quartal 2023 sogar noch höhere Stahlpreise durchsetzen. "Einige Marktquellen glauben, dass sie versuchen werden, die Preise auf 900 Euro/Tonne ab Werk Ruhr zu bekommen", meldet S&P Global. Das Höchste, was die Hersteller für Warmband frei Werk Ruhr aktuell fordern, ist 870 Euro. Sie können sich aber bei den Abnehmern bislang nicht durchsetzen, weshalb der Spotpreis seit Mitte März 850 Euro ist.

Langstahl

Die Stahlpreise für Betonstahl aus nordeuropäischen Hochöfen konnten leicht steigen. Sie liegen nun mit 710-740 Euro etwas über dem Preisniveau der ersten Februarwoche bei 690-710 Euro.

Der Ausblick auf stärker steigende Bewehrungsstahlpreise im 2. Quartal ist gerechtfertigt. Aus Herstellersicht gibt es bei den Preisen Platz nach oben. Vergangenes Jahr, wohlgemerkt vor dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs, hatten sie 820-860 Euro erlöst. Um dort wieder hinzukommen, muss die Baukonjunktur anspringen.

Die massiven Covid-Hilfen des EU-Aufbaufonds laufen allmählich aus. Laut Marktbeobachtern scheitert es in der Praxis aber oft nicht am Geld. Es gibt schlichtweg nicht mehr so viele gut realisierbare Projekte und genügend Bauträger wie noch vor drei Jahren.

Auf der anderen Seite bremsen merkliche Zinserhöhungen die Planung von neuen Projekten. Banken sind nicht mehr so generös, als auch sie höhere Zinsen bezahlen müssen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat zwischen Juli 2022 und März 2023 ihren Leitzins von 0% auf 3,5% angehoben. Ein Ende ist nicht in Sicht, und so hat die Euro-Notenbank weitere Erhöhungen bereits in Aussicht gestellt.

Fazit

Die Nachfrage für Flachstahlerzeugnisse springt bei einem Konjunkturaufschwung rascher an als die für Langstähle. Das die Sorten Warmband und Kaltband benötigende Verarbeitende Gewerbe ist nach dem schwierigen 4. Quartal 2022 wieder auf Expansionskurs. Die Automobilindustrie hat sich inzwischen sehr gut erholt. Diese Faktoren haben zu einem merklichen Anstieg der Stahlpreise geführt.

Die Stahlpreisentwicklung für Langstähle ist wegen des weniger schwankenden Baugewerbes träge. Das führt dazu, dass die Preise für Betonstahl auch bei einem Konjunkturabschwung erst einmal relativ hoch bleiben. Hat sich der Abschwung einmal festgesetzt (so wie in den letzten Monaten) dauert es länger den "Tanker" Bauindustrie wieder auf Expansionskurs zu bringen. Insgesamt haben die Betonstahlpreise im 2. Quartal aber Platz nach oben.

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